Die Geschichte: Einleitung

1144, dieses Jahr fällt in eine Zeit, die von den Historikern als das “Hohe Mittelalter” bezeichnet wird. Der Investitur-Streit zwischen dem deutschen Kaiser und dem Papst um die Besetzung der Bistümer war gerade (1122) durch das Wormser Konkordat beendet worden. Das elfte, zwölfte und dreizehnte Jahrhundert war die Zeit der Kreuzzüge. 1146 gelang es dem Abt eines Zisterzienserklosters in Frankreich, Bernhard von Clairvaux, den deutschen König Konrad III. zu einem 2. Kreuzzug (1147-1149) zu bewegen, dem sich auch der französiche König Ludwig VII. anschloß. König Konrad III. starb bevor er die Kaiserkrone in Empfang nehmen konnte.

Sein Nachfolger Friedrich I. (Barbarossa) bestieg 1152 den Königsthron und 1155 den Thron der deutschen Kaiser (1155-1190). Zu dieser Zeit waren die meisten Menschen Bauern – noch gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren dies etwa 80% der Bevölkerung. Die Landwirtschaft war die wichtigste Lebensgrundlage. Im späten 11. Jh. bis Mitte des 14. Jh. vollzog sich ein großes Bevölkerungswachstum, wobei auch ein wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen war. Weite Landstriche wurden durch Rodungen urbar gemacht. Viele Siedlungen und Städte wurden gegründet, so auch in unserer Gegend. Das Mittelalter war das Zeitalter der Grundherrschaft. Die Grundherren, dies waren die Könige, Bischöfe, Äbte und ortsansässige Adlige, herrschten über Land und Leute und hatten oft Rechte im Hinblick auf die Pfarrkirche des Ortes. Die unter dem Grundherrn lebenden Bauern, frühmittelalterlich: “Unfreie” (Rechtlose), spätmittelalterlich: “Hörige” (mit eingeschränktem Rechtsstatus) stellten spätestens seit dem 11. Jh. die Masse der ländlichen Bevölkerung dar. Um die grundherrlichen Bauern, die auf seinem Land lebten, zu schützen, übte der Grundherr Waffengewalt aus. Der Grundherr konnte auch als Gerichtsherr (Richter) fungieren und ihm oblagen noch weitere Herrschaftsbefugnisse. Er war sozusagen Inhaber vorstaatlicher Hoheitsrechte.

Die freien Bauern hatten in der Regel keinen Grundbesitz, sondern waren Pächter. Im Hochmittelalter bildeten sich sogenannte Markgenossenschaften, wobei nicht alle Dorfbewohner vollen Anteil an den genossenschaftlichen Rechten hatten. Man unterscheidet zwischen vollberechtigten Bauern, minderberechtigten Kleinbauern (Katstellen) und wirtschaftlich Unselbständigen, die als Lohnarbeiter lebten. [5] Die Produktivität der mittelalterlichen Landwirtschaft war gering. Wenn ein Korn Getreide gesät wurde, so konnte der Bauer davon drei Körner ernten, und nicht selten kam es durch Mißernten zu Hungersnöten, wobei einer Mißernte nicht selten eine zweite folgte, weil die Menschen das Saatgut für das nächste Jahr aufaßen. Die damaligen Verhältnisse beschreibt das folgende Zitat aus dem Buch von H. Boockmann:

“Ein Hof mit 16 Hektar Ackerfläche von mittlerer Qualität, bebaut in Dreifelderwirtschaft, dürfte in einem Jahr von einem Drittel der Fläche 27 Doppelzentner Roggen und von dem zweiten Drittel knapp 20 Doppel­zentner Hafer und Gerste erbracht haben (Anmerkung: Das dritte Drittel wurde brach liegen gelassen). Davon ist ein Drittel als Saat zu subtrahieren, es bleiben also 18 und 13 Doppelzentner, von denen als Futter von 4 Pferden 8 Doppelzentner abzuziehen sind. Von den übrigen 23 Doppelzentnern müssen gut 12 Doppelzentner als Kirchenzehnt und als Grundzins abgeliefert werden. Es bleiben für die Ernährung der zum bäuerlichen Haushalt gehörenden Personen knapp 11 Doppelzentner. Rechnet man mit 10,8 Doppelzentner und nimmt man an, zum Haushalt gehörten sechs Personen, so ergeben sich 180 Kilogramm pro Jahr oder 1600 Kalorien pro Tag und Person. Davon kann man nicht leben – für den körperlich leicht arbeitenden Erwachsenen unserer Tage nimmt man den doppelten Verbrauch an.”

Daß die mittelalterlichen Bauern dennoch – außer bei allerdings häufigen, katastrophalen Mißernten – überlebt haben, liegt u. a. an den in dieser Modellrechnung nicht berücksichtigten Produkten, wie Eier, Milch und Fleisch sowie den Produkten des Gartenanbaues. Die Rechnung zeigt, wie ausgeliefert die Menschen im Mittelalter den Krisen in Form von Mißernten waren. Besonders deutlich zeigt sich dies Mitte des 14. Jh., Mißernten und in der Folge Seuchen traten gehäuft auf (1347-1351 Pestwellen in Europa). Die folgende Tabelle zeigt die Bevölkerungs-Entwicklung in Deutschland und Skandinavien von 500 bis 1450:

  • um   500: Bevölkerung 2 Millionen
  • um 1000: Bevölkerung 4 Millionen
  • um 1340: Bevölkerung 11.5 Millionen
  • um 1450: Bevölkerung 7,5 Millionen

Diese Form der Landwirtschaft wurde noch bis 1700 betrieben.
Im 18. Jahrhundert waren bereits Fortschritte in den agrarwirtschaftlichen Produktions­techniken zu verzeichnen. In unserer Gegend, die seit 1713 (Vertrag von Utrecht) unter preußischer Herrschaft stand, sorgte besonders König Friedrich II. für den landwirtschaftlichen Fortschritt. Er erließ Edikte u. a. über die Einführung neuer Futterpflanzen (Futterkräuter), deren Kultivierung und Nutzung und über die Verbesserung der Viehhaltung.Seinen Bauern schärfte er ein, lesen, schreiben und “etwas rechnen” zu lernen, um u. a. die nötigen Gebrauchsanweisungen der Medikamente bei Seuchen zu verstehen und so den Ertrag zu steigern. Dank des Anbaues der Kartoffel, die in den rheinischen Gebieten Mitte des 18. Jh. Einzug hielt, bekamen die Kevelaerer und damit auch die Keylaerer, die in den Jahren 1816/17 herrschende Hungersnot in den Griff.Damit waren die Ernährungsprobleme für die sich rasch entwickelnde Bevölkerung bis auf Kriegszeiten für die Zukunft gelöst.