Die Geschichte: 16. Jhd. bis 19. Jhd.
Im Verlaufe des 9 Jahre später ausbrechenden 80 Jahre dauernden spanisch-niederländischen Freiheitskrieges, dessen letzten 30 Jahre bei uns als 30jähriger Krieg bekannt sind, wurde auch unsere Region Schauplatz von grausamen Kampfhandlungen.
1579 – 1592 waren sämtliche Gehöfte Kevelaers leer. Die Bauern samt Vieh suchten Zuflucht in sogenannten Schanzen, stark befestigten Anlagen mit Hecken, Wall und Graben umgeben. So wurde auch die Hubertuskapelle in Keylaer mit einer Schanz umgeben, daher auch die Bezeichnung “Schanzhof” für den bei der Kapelle liegenden Bauernhof. Doch bot die Schanze nicht immer Gewähr, daß die Bewohner unbeschadet blieben. Das Kroatenkreuz an der Kroatenstraße in Kevelaer bezeugt die Ermordung von ca. 100 Kevelaerern am 1. August 1635 in ihrer Schanze. Sieben Jahre später entstand in Kevelaer die Wallfahrt. Die Keylaerer Schanze hat bis in die Neuere Zeit bestanden. In alten Flurkarten ist sie noch verzeichnet. Erst im Jahre 1905 wurde sie eingeebnet
In diese unruhige Zeit des 16. Jh. fällt mutmaßlich wohl auch die Entstehung der Sankt Hubertusgilde (Johannes Werner erwähnt das Datum 1572, jedoch ohne Quellenangabe, Geldrischer Heimatkalender, Jahrgang 1971, Seite 133). Die Hubertusgilde besitzt noch Urkunden aus dem 17. Jh., so unter anderem Gildenrechnungen aus den Jahren 1630 und 1631. Weitere Urkunden aus späteren Jahren befinden sich zur Aufbewahrung im Kevelaerer Museum. Ebenfalls im Besitz der Hubertusgilde ist ein kleines Büchlein, in dem von 1693 bis 1913 alle Verstorbenen der Hubertusgilde aufgeführt werden. Die Gilde verfügt außerdem über eine 1763 erstellte beglaubigte Abschrift der urkundlichen Bestätigung und Genehmigung der Statuten der Hubertusgilde von 1693.
Belege befinden sich auch im Stadtarchiv Kevelaer, so in Form von Quittungen mit der Provenienz (Herkunft) Kapellenverwaltung St. Hubertus. Sie belegen zum einen, daß Kerzen und Bänder für die Kirmes gekauft wurden, sowie wieviel Tonnen Bier getrunken und daß eine Mahlzeit eingenommen wurde; zum anderen belegen sie das soziale Engagement der Hubertusgilde, sie fungierte auch als Armengilde für Keylaer. Die Gilde verteilte Getreide, Kleidung und trug die Beerdigungskosten für die Armen. Darüber hinaus wurde ein Heiligenhäuschen an der “Nachtigall” unterhalten, sowie die Kerzen für die Hubertuskapelle gestellt. Die Gilde bezahlte den Kevelaerer Pastor und den Küster für seine Dienste am Hubertustag. Die Quittungen der Kapellenverwaltung belegen die Zuständigkeit für den Unterhalt der Hubertuskapelle und die Höfe von Tuenis Peters und Geurt Noy. Noch heute ist die Hubertusgilde in diesem Sinne in stetigem Einsatz. Im vorigen Jahr, 1993, übernahm die Gilde nach einer frevelerischen Zerstörung die Schirmherrschaft über das Hagelkreuz an der Weezer Straße.
Im Jahre 1794 besetzten französische Armeen unsere Gegend (noch bis 1814). Der auch für unsere Region zuständige Gouvernements-Kommissar Rudler hob am 26. März 1798 alle Gilden, Zünfte und Innungen auf. Damit verloren die Gilden ihre Einnahmequellen und ihr Vermögen. 1799 stürzte Napoleon Bonaparte das Direktorium, die damalige franz. Regierung. Er gab dem Land eine neue Verfassung und trat selbst als Erster Konsul an die Spitze des Staates. Er schloß am 15. Juli 1801 mit dem Papst ein Konkordat, dem eine Neugliederung der Bistümer folgte. Kevelaer und Keylaer wurden dem Bistum Aachen zugeteilt. Durch Konsularbeschluß vom 9. Juni 1802 erfolgte die Aufhebung aller geistlichen Institute, Klöster und Abteien. Am 16. Juli 1821 wurde unsere Gegend dem Bistum Münster zugeordnet.
Auch in den Keylaerer Privatarchiven befinden sich noch viele Urkunden aus dem 19. Jahrhundert; meist solche Urkunden, die Land- oder Gebäudekäufe belegen. So bewilligte am 27. Februar 1826 Johann Peter Krickelberg, der Vater des amtierenden Pfarrers Krickelberg, der Hubertusgilde die Errichtung einer Vogelstange (Schöttruj) in seiner Wiese am heutigen Heideweg. Daher kommt wohl auch die in alten Flurkarten für den Heideweg verwendete Bezeichnung Scheutruthenweg (Schöttrujeweg).
Dieses Recht zur Verwendung des Schießstandes wurde von der Sankt Hubertusgilde noch bis Anfang der 60er Jahre dieses
Jahrhunderts wahrgenommen. Anfang der 70er Jahre wurde die Vogelstange entfernt. Die Geschichte der Sankt Hubertusgilde ist ausführlich in der Festschrift zum Festjahr 1992 dokumentiert.
Im November 1887 reichten die Bürger von Keylaer und Umgebung ein Gesuch beim Rat der Stadt Kevelaer ein, mit dem Ziel, eine neue Volksschule an der Nordwestseite Kevelaers zu errichten. Begründet wurde das Gesuch mit dem weiten Schulweg, der besonders im Winter beschwerlich sei und damit, daß es den Schülern nicht möglich sei, ihr Mittagessen zu Hause einzunehmen. Die Antragsteller schlugen für die Schule ein Grundstück am Keylaerschen Wege (Hubertusstraße) vor, das sich anböte und nur geringe Kosten verursachen würde. Sie boten an, Sand und Steine, wenn nötig, in Eigeninitiative zu beschaffen.
Der Vorgang wurde vom Rat vertagt, und es dauerte bis 1899, ehe der Rat den Ankauf eines Grundstückes an der Hubertusstraße zur Errichtung einer neuen Volksschule beschloß. Die Begründung für diesen Beschluß war, die alte Volksschule am Markt sei völlig überfüllt. Erst Juli 1901 war die neue Schule fertiggestellt und konnte abgenommen werden. Der Schulbezirk für die im Volksmund als “Keylaerse Scholl” bezeichnete neue Schule sollte die Häuser an der “Weezer Chaussee”, an der “Wember Chaussee”, an der Heide und auf Keylaer umfassen. [24]
1903 beantragten die Bewohner der Hubertusstraße, diese so hell erleuchten zu lassen wie die Amsterdamerstraße, wobei sie als Gründe anführten, das Anrennen von Passanten gegen dort stehende Pferdekarren, das unfreiwillige Betreten der unzulänglichen Straßenrinnen, die Unzumutbarkeit für die Kinder, die auch im Winter die Schulmesse im Zentrum besuchen, und die Erschwernisse für die Erwachsenen, die dem sonntäglichen Kirchgang oder der täglichen Arbeit nachkommen müssen. Die Anwohner bekräftigten ihre Argumente noch, indem sie anführten, daß der Arzt die Notwendigkeit der Straßenbeleuchtung bestätige, da er allzuoft in der Dunkelheit nach dem Haus seiner Patienten suchen müßte. Die Straßenbeleuchtung im Stadtzentrum gab es seit 1900 bzw. 1901.
Im Jahre 1905 wurde die Pumpstation der Stadt Kevelaer in Keylaer an der Billigenstraße 20 (heute Windmühlenstraße) errichtet. Im selben Jahr wurde auch der Bau des Wasserturms genehmigt. Die Pumpstation wurde inzwischen durch das ebenfalls in Keylaer befindliche Wasserwerk der Stadt Kevelaer ersetzt.
Über die weitere Zeit in Keylaer können sicher auch noch viele ältere Mitbürger aus eigener Erfahrung berichten. Insbesondere der Zweite Weltkrieg hat Keylaer nochmal sehr verändert. Viele Häuser sind zerstört worden. Die Spuren des Panzergrabens, der Keylaer durchzog, sind heute noch erkennbar, so auf dem Heideweg in Form einer Absenkung der Straße in Höhe der Hausnummer 71.